Hamburger Studienbibliothek


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Veranstaltungen

Zwischen allen Stühlen. Lebenswege des Journalisten Karl Pfeifer
Filmvorführung und anschließende Diskussion mit Karl Pfeifer, Wien
Samstag, 13. November 2010, 19 Uhr
Gedenk- und Bildungsstätte Israelitische Töchterschule / VHS Karolinenstraße 35

Der Film aus dem Jahr 2008 zeigt anhand ausführlicher Interviews das Leben und das Engagement des Wiener Journalisten Karl Pfeifer, der einst vor dem Antisemitismus der Nationalsozialisten mit seiner Familie nach Ungarn fliehen musste und von dort aus nach Palästina ging. Heute lebt Karl Pfeifer in Wien und schreibt Artikel gegen Antisemitismus, Antizionismus und Geschichtsrevisionismus vor allem in Österreich, Deutschland und Ungarn.

Eine Veranstaltung der Hamburger Studienbibliothek
in Kooperation mit der Volkshochschule Hamburg


Hinweis: Karl Pfeifer wird ebenfalls am 14. November (16.00, Talmud-Tora-Schule, Grindelhof 30) im Rahmen einer Veranstaltung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Hamburg im Gespräch mit Hamburger Schülerinnen und Schülern über seine Jugendzeit in Palästina berichten. Dort werden lediglich Ausschnitte des Dokumentarfilms gezeigt. Bitte für diese Veranstaltung den Personalausweis bereithalten.

»Nichts gelernt und nichts vergessen«: ein Schema zur Geschichte des
Antizionismus in Deutschland
Vortrag und Diskussion mit Joachim Bruhn, Initiative Sozialistisches Forum, Freiburg
Freitag, 26. Februar 2010, 19.30 Uhr
im Bistro des Golden Pudel Club, St. Pauli Fischmarkt

Irgendwann zwischen der Wannsee-Konferenz und der Gründung Israels verliert der Hass auf die Juden jedwede Geschichte. Danach gab es keine Antisemiten mehr: weil alle es sind. Der Antisemitismus wird zum logischen wie zum historischen Apriori, zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins der Deutschen. Was immer sich seitdem auch ereignet hat – es spiegelt den prinzipiellen Stillstand der Geschichte, den Bann, die Angstlust der erpressten Versöhnung. So findet auch der Hass auf die Juden, egal, ob antisemitisch oder antizionistisch ausgebrüllt, keine neuen Worte mehr, sondern gehorcht einem manischen Wiederholungszwang, dessen Vokabular in den Werken Adolf Hitlers gesammelt vorliegt. Es ist sein »Politisches Testament« vom 29. April 1945, das seitdem abgearbeitet wird, sein letzter Wille, dem »internationalen Judentum und seinen Helfern« den totalen Krieg zu erklären und dafür immer wieder aufs Neue im deutschen Staat die so klassenübergreifende wie die Klassen in sich aufhebende Volksgemeinschaft zu verschweißen, d.h. das Mordkollektiv, das in erlogener präventiver Notwehr dagegen sich erheben solle, dass »die Völker Europas wieder nur als Aktienpakete dieser internationalen Geld- und Finanzverschwörer angesehen werden«.

1989, als die Wiedervereinigung der Antisemiten (BRD), die genötigt worden waren, mit Israel sich zu arrangieren, mit den Antizionisten (DDR), denen es nur erlaubt war, die Juden in Form der ›Zionisten‹ zu hassen, unvermeidlich wurde, waren alle formellen Bedingungen der deutschen Souveränität wiederhergestellt, die es möglich machen, Hitlers Testament doch noch zu vollstrecken, d.h. die HaShoah durch ihre Vollendung, Überbietung und restlose Vollstreckung an Israel ungeschehen zu machen: Der Rechtsnachfolger rüstet sich auf, der Gesellschaftsnachfolger zu sein. Denn erst der Tag, an dem es die Juden, außer in Geschichtsbüchern, niemals gegeben haben wird, wird der Tag der vollendeten »Deutschen Revolution« (Goebbels) gewesen sein. So trifft das paradoxe Resümée jetzt erst zu, das Eric Voegelin 1964 aus dem Verhältnis der Deutschen zu Hitler zog: »Nichts gelernt und nichts vergessen.«
Es ist diese irrsinnig redundante, penetrante Permanenz des Nullpunkts materialistischer Aufklärung, in dem der Wiederholungszwang sich breitmacht.

Sind das noch Linke? - Zweifellos!
Linke und ihre antizionistischen Schmuddelkinder
Vortrag und Diskussion mit Anders Kühne, Hamburger Studienbibliothek,
veranstaltet von der Antideutschen Gruppe Hamburg
Freitag, 08. Januar 2010, 19.30 Uhr
St. Petri Altona, Gemeindesaal
Schillerstr.22-24

Linke Antizionisten stellen sich gerne als die letzten aufrechten Linken dar, die im wohlverstandenen Interesse der ideellen Gesamtlinken deren wesentliche Inhalte, vor allem aber ihre Identität als 'die Linke', gegen die Spaltungs- und Zersetzungsversuche verteidigen, als die jedwede Kritik ihres Antisemitismus mittlerweile von vornherein wahrgenommen wird. Warum es sich bei dieser Sicht der Dinge um ausgemachten Blödsinn handelt und warum sie eben deshalb mehr Wahrheit enthält, als den Linken insgesamt lieb sein kann, soll anhand einiger Thesen zur Geschichte und gesellschaftlichen Funktion des antizionistischen Antisemitismus und zu seiner konstitutiven Bedeutung für die (links)deutsche Ideologie erläutert werden. Schließlich stellt sich die Frage, was aus dem alles in allem symbiotischen Verhältnis der linken Familie sowohl zu ihren 'antiimperialistischen' Schmuddelkindern als auch zu den 'antideutschen' Rabauken für die praktische Kritik des Antisemitismus folgt.

Das Referat ist die erweiterte Fassung eines Textes, der als Kundgebungsbeitrag auf der Bündnisdemonstration am 13. Dezember 2009 vorgesehen war. Zum Hintergrund siehe auch den Beitrag "Psychopathologie des Antizionismus" auf b-g-h-u.blogspot.com.

Buffy the Vampire Slayer Summer School 2009
Faith, Trick, No Hope: Der Amoklauf der reinen Subjektivität
Diskussion mit Filmbeispielen
Samstag, 10. Oktober 2009, 19.30 Uhr
im Plan B (Keller, Eingang zwischen Hafenstr.116 und 120)

»Buffy kicks ass« – auf diese griffige Formel wird gerne gebracht, was das Emanzipatorische von Joss Whedons Fernsehserie Buffy the Vampire Slayer ausmache. Buffy, die mit Superkräften begabte Teenagerin, darf, stellvertretend für ihre Geschlechtsgenossinnen, Monstren, Männer und andere Mutationen das Fürchten lehren: Dafür fliegen ihr, und ganz zu Recht, die feministischen Herzen zu.

Gerne übersehen wird dabei freilich, dass die Serie die emanzipationsfördernde Wirkung des gezielten Uppercuts sehr viel differenzierter beurteilt als manche ihrer enthusiastischen FürsprecherInnen. In Gestalt von Faith, Buffys dunklem alter ego und zeitweiligem Widerpart, wird die triumphalistische Phantasie weiblicher Subjektwerdung zugleich reflektiert und gebrochen. Durch ein kosmologisches Missgeschick zum zweiten Slayer berufen, geht Faith, anders als Buffy, restlos in ihrer Rolle als auserwählter Kriegerin auf. Ihr offensiv zur Schau gestelltes Selbstbewusstsein sucht keinen Halt jenseits der eigenen, neu gewonnenen Macht. Eben deswegen tun sich unter Faith die Abgründe bürgerlicher Selbstermächtigung auf.

Denn was Faith, bei allem Empowerment, nicht beantworten kann, ist die Frage: Empowerment zu was? Weil nichts über sie bestimmen soll, kein fremdes Gesetz und kein selbst gegebenes, bleiben die Taten, in denen sich ihre Souveränität realisiert, zugleich unmotiviert, scheinhaft: reduziert aufs Niveau von bedingten Reflexen. Aus Faiths Motto – »want, take, have!« – spricht nicht zufällig die Dschungelmentalität des Raubtiers. Es spiegelt eine Welt wieder, in der jenseits des Überlebens keine menschlichen Zwecke mehr denkbar sind. In der Willkür, die Faith, das Kind zerrütteter Verhältnisse, zelebriert, schlägt die verabsolutierte Autonomie um in unauslöschliche Entfremdung.

Berauscht an der Herrschaft über Leben und Tod, die ihre Slayerkräfte ihr gewähren, richtet Faith den Furor der Zerstörung schließlich gegen sich selber – und bringt so die bedingungslose Selbstermächtigung zu ihrer logischen Konsequenz. Gegen Entfremdung aber, heißt es bei Adorno, hilft nur das Fremde. In genau diesem Sinne wird Faiths Wendung gegens eigene Ich zugleich zum Ausgangspunkt einer utopischen Hoffnung. Entlastet vom Panzer der eigenen, maßlosen Souveränität, ist es ihr erlaubt, eine andere zu werden – und gerade darin sich selber erstmals treu zu bleiben.

***

Über den Amoklauf der leeren Subjektivität als Passionsweg des bürgerlichen Subjekts wollen wir gemeinsam anhand ausgewählter Szenen und Folgen diskutieren. Für ausreichend wissenschaftliches Belegmaterial ist ebenso gesorgt wie fürs passende Essens- und Getränkeangebot.

»Ich fühle luft von anderem planeten«
Arnold Schönberg und die Folgen:
Veranstaltung zum 100. Geburtstag der Neuen Musik
Vortrag von Lars Quadfasel und Einspielung des Streichquartetts op. 10 von Arnold Schönberg
Sonntag, 21.12.2008, 14.00 Uhr
In der »Blinzelbar«, Große Bergstraße 156 (Altona)

Am 21. Dezember 2008 jährt sich zum hundersten Mal die Uraufführung eines Werkes, das den Bruch mit der musikalischen Tradition besiegelte: Arnold Schönbergs Streichquartett in fis-moll op. 10. Dessen letzter Satz, der erste ohne eine festgelegte Tonart, vollzieht den Durchbruch zur freien Atonalität. Und nichts darin bringt den unerhörten Charakter dieser Zeitenwende besser auf den Begriff als die erste Zeile des von Schönberg vertonten Gedichtes: »Ich fühle luft von anderem planeten«.

Auf der Veranstaltung soll es daher zum einen darum gehen, mit dem musikalischen Gehalt des Streichquartetts zugleich auch dessen - wenn man so will: - geschichtsphilosophischen zu erschließen. Zu analysieren ist, mit anderen Worten, der musikalische Prozess, den das Schönbergsche Werk gegen die zur zweiten Natur geronnene Dur-Moll-Tonalität führt: Denn in der auskomponierten Kritik jenes tonalen Schemas, welches noch in der höchsten bürgerlichen Kunstmusik die harmonische Auflösung aller Konflikte vorherbestimmt hatte, findet die Frage nach dem Verhältnis von Kunst und Gesellschaft genauso ihren musikalischen Niederschlag wie die nach dem Verhältnis von Tradition und Fortschritt, von Sache und Subjekt, von Freiheit und Notwendigkeit.

Zum anderen wird Thema sein, inwieweit tatsächlich der Neuen Musik seither gelungen ist, was die freie Atonalität versprach: musikalisch Geschichte zu schreiben, die nicht bloß Schein bleibt. Anhand exemplarischer Stationen der musikalischen Moderne wäre u.a. zu diskutieren:
- warum die systematische Entfaltung der musikalischen Produktivkräfte allzuselten mit einem Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit einherging;
- wie überhaupt kompositorische Autonomie denkbar ist, die objektiv, d.h. gesellschaftlich keinen Gegenpart und keinen Widerhall findet;
- warum, im Vergleich zu anderen Kunstformen, die Avantgarde gerade in der Musik dem bürgerlichen Bewusstsein so ganz und gar äußerlich zu bleiben scheint;
- wie es also kommt, dass eine Zäsur wie die Schönbergsche jetzt schon hundert Jahre andauern kann, ohne an Aktualität einzubüßen.

Die Veranstaltung richtet sich nicht bloß an musikalisch Vorgebildete, sondern genauso an Interessierte, die mit der Materie wenig vertraut sind; gedacht ist sie nicht zuletzt als Einführung sowohl in kritisch-theoretische Musikphilosophie als auch ins Hören Neuer Musik.

Umfang der Veranstaltung ist ca. vier Stunden (je nach Diskussionslaune natürlich auch länger), Kaffee und Kekse sind vorrätig. Das Streichquartett op. 10 wird in der Einspielung des Arditti Quartetts und Dawn Upshaw (Sopran) vorgestellt. Wer sich gerne durch Lektüre vorbereiten möchte, den verweisen wir auf den Artikel zum Thema in der aktuellen Dezember-Ausgabe der Zeitschrift 'Konkret'.

Eine Veranstaltung der Hamburger Studienbibliothek (http://studienbibliothek.org) in Zusammenarbeit mit der Blinzelbar (http://www.hierunda.de/blinzelbar.html)

Das iranische Regime, seine europäischen Förderer und die Bedrohung Israels
Buchvorstellung und Diskussion mit Stephan Grigat (Café Critique / Stop the Bomb)
Dienstag, 25. November 2008, 19.30
Golden Pudel Salon, oberes Stockwerk, Am St. Pauli Fischmarkt 27

Es geht um den Protest gegen die Gleichgültigkeit, mit der große Teile der europäischen Öffentlichkeit dem Terror gegen die iranische Bevölkerung und der Vernichtungsdrohung gegen Israel seitens der Teheraner Mullahs begegnen. Wenn der von Adorno formulierte kategorische Imperativ, im Stande der "Unfreiheit", also in der falschen Gesellschaft, das "Denken und Handeln so einzurichten, daß Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts Ähnliches geschehe", nicht zum feuilletonistischen Aperçu verkommen soll, bedarf es dringend der praktischen Kritik wie der Kritik der Praxis. Die Gefahr der Aufstockung des iranischen Vernichtungsarsenals mit Nuklearwaffen erfordert eine entschiedene Intervention.

Die Feindbestimmung des Khomeinismus ähnelt jener des Nationalsozialismus mit seinem Haß auf Bolschewismus, westliche 'Plutokratie' und Judentum. Das Ziel des iranischen Regimes ist eine formierte Gesellschaft, die bereitwillig auf individuelle Freiheit und ökonomischen Wohlstand verzichten soll, um dem Ziel der Einigung der islamischen Umma und der Vernichtung des jüdischen Staates zu dienen. Die Brandrede Ahmadinejads auf der Konferenz The World without Zionism im Oktober 2005, in der er die Auslöschung Israels forderte, war nur ein Ausdruck davon

Dieser Politik wird gerade in den postnazistischen Gesellschaften zusehends mit offener Kollaboration begegnet, wie sie sich etwa in dem geplanten 20 Milliarden-Euro-Deal der österreichischen OMV mit dem iranischen Regime manifestiert oder in den hervorragenden Geschäftsbeziehungen der deutschen Wirtschaft. Gegen diese ökonomische Alimentierung des iranischen Regimes engagiert sich die Kampagne STOP THE BOMB (www.stopthebomb.net), die sich in Österreich seit Ende 2007 für Sanktionen gegen die Mullah-Diktatur einsetzt und soeben auch in Deutschland gestartet wurde

Stephan Grigat/Simone Dinah Hartmann (Hg.): Der Iran - Analyse einer islamischen Diktatur und ihrer europäischen Förderer. Studienverlag, Innsbruck - Bozen - Wien 2008
mit Beiträgen von Matthias Küntzel, Benny Morris, Beate Klarsfeld, Leon de Winter, Henryk M. Broder, Wahied Wahdat-Hagh, Yossi Melman, Thomas von der Osten-Sacken u. a.
292 Seiten, 29,90 Euro, ISBN: 978-3-7065-4599-0

Buffy the Vampire Slayer Summer School 2008
»I'm Buffy and you're history!«
Magisch-historischer Materialismus und die Dämonen der Kulturindustrie
Vortrag von Carmen Dehnert und Lars Quadfasel mit anschließender Präsentation von Filmbeispielen
Samstag, 30. August 2008, 20 Uhr
im Plan B (Keller, Eingang zwischen Hafenstr.116 und 120)

Dass Joss Whedons Teenage-Gothic-Horror-Comedy »Buffy the Vampire Slayer«, die nach sieben TV-Staffeln nunmehr als monatlicher Comic fortgesetzt wird, die Begrenzungen und Borniertheiten des Mediums Fernsehen mit leichter Hand außer Kraft zu setzen vermochte, ist mehr als einmal bemerkt worden. Das blonde Highschool-Girl, das, statt die Rolle des hilflosen Opfers zu spielen, zur Tat schreitet, um Vampiren, Unholden und all den anderen hässlichen Gestalten, die einem Mädchen das Leben zur Hölle machen können, mit ihren Slayer-Grrrl-Power-Kräften den Garaus zu machen das lässt einem oder einer natürlich das feministische Herz aufgehen. Nonchalant desavouierte die Show, welche die erste langfristige lesbische Beziehung im amerikanischen Prime-Time-TV etablierte, die weißen Mittelschichtswerte: Jeder Schulweg führt schnurstracks zum Höllenschlund, der militärisch-industrielle Komplex gebiert, im wahrsten Sinne des Wortes, Monster, und während von Family Values vor allem psychopathische Monster angezogen werden, können sich fremdartige Dämonen allemal zivilisierter benehmen als durchschnittliche White-Trash-Familien.

Die Begeisterung fürs Offensichtliche, dass hier Rollenklischees subvertiert werden, verführt jedoch nicht selten gerade die (akademischen) AnhängerInnen der Serie dazu, diese auf feministisch-didaktische Empowerment für weibliche Heranwachsende zu reduzieren. Mit political correctness allein jedoch ist der Kulturindustrie weder Schönheit noch Wahrheit abzutrotzen. »Buffy« liefert nicht einfach role-models für starke Mädchen, sondern beschreibt mit einzigartiger Genauigkeit die Horrorstory, die es bedeutet, in dieser Gesellschaft erwachsen zu werden eine Horrorstory, die bestenfalls einige flüchtige Momente des Glücks kennt, nie aber ein triumphales Happyend: Denn das untote bürgerliche Leben lässt niemanden unversehrt.

Die gesellschaftskritische Kraft der Serie liegt daher, so wird zu zeigen sein, nicht einfach in dem, was sie inhaltlich postuliert, sondern, wie bei jeder Kunst, in der Form der Umsetzung: den narrativen Strategien, den allegorischen Inszenierungen, der medialen Nutzung von Zeit und Raum. Nur durch eine eigenständige, d.h. materialgerechte Fernsehästhetik hindurch gelingt es »Buffy«, gerade aus dem geistlosesten Format der Serie Geist zu schlagen und dabei das Triviale, Abgegriffene zum Glänzen zu bringen. Just der Verdummungsapparat par excellence, das Fernsehen, wird, mit seinen eigenen Waffen geschlagen, zum Medium der Reflexion transformiert und gezwungen, sich selber den Spiegel vorzuhalten. Denn im Vexierbild der einen und einzigen Auserwählten enthüllt sich das Geheimnis aller Kulturindustrie, die Verlassenheit des vereinzelten Konsumenten.

Vampire, schließlich, sind von Natur aus für die Fernsehserie geschaffen: Weder können sie altern, sterben noch sich entwickeln. Als Vampire Slayer muss Buffy daher gegen jene Wiederkehr des Gleichen kämpfen, die dem Fernsehen wesentlich innewohnt. Und doch eignet der Teenager, der, nach den Worten seines Mentors, very much in the now lebt, sich zugleich die fernseheigene Zerstörung von Geschichte als Utopie an: als Wunsch, entlastet zu werden von archaischen Monstern, alten Prophezeiungen, dem Alp der toten Geschlechter.

Im Anschluss an den Vortrag und die Diskussion wird ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, um die Schlussfolgerungen am Material zu prüfen und gemeinsam einige selbstverständlich nach streng wissenschaftlichen Gesichtspunkten ausgewählte Folgen zu betrachten.

Carmen Dehnert und Lars Quadfasel waren 2007 als ReferentInnen zum Istanbuler Kongress Buffy Hereafter geladen. Essays zur Serie sind von ihnen in Konkret 10/07 und im Extrablatt Nr. 3 / 2008 veröffentlicht worden.

Neoliberalismus und Autoritärer Staat
Eine Sendereihe von JustIn Monday Productions
Teil I

Vieles kann gemeint sein, wenn in aktuellen linken Debatten vom Neoliberalismus die Rede ist. Während er für die einen hauptsächlich eine Ideologie darstellt, die im Klassenkampf parteiisch auf die Seite des „Großkapitals“ steht, benutzen ihn andere als Begriff, der alle Eigenschaften des aktuellen Zustands der Welt ausdrücken soll. Etwa in der Rede von der „neoliberalen Globalisierung“. Dass er zudem auch in den Sonntagsreden von Pfaffen und Bundespräsidenten umhergeistert, legt nahe, dass damit noch längst nicht alle Bedeutungen erfasst sind. Den verschiedenen Anklagen ist allerdings gemeinsam, dass mit ihnen – entgegen der aktuellen Tendenz zur autoritären Formierung der Gesellschaft - einen „Bedeutungsverlust des Staates“ entweder feststgestellt, oder gar Bedauern darüber ausgedrückt wird. Als Einspruch dagegen soll die Rolle, die nicht zuletzt der faschistische Staat bei der Bildung der neoliberalen Theorie und Praxis spielte, in den Mittelpunkt gerückt werden.
Die Sendung kann hier downgeloaded werden:
http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=20424

Teil II und III folgen im Februar und März
http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=22102
http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=23143

Halbmond und Hakenkreuz. Das „Dritte Reich”, die Araber und Palästina
Buchvorstellung mit Martin Cüppers
Donnerstag, 8. November 2007, 19.00
Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg, Versammlungsraum 2. Stock, Beim Schlump 83
eine Veranstaltung der Hamburger Studienbibliothek und der Initiative kritische Gesellschaftswissenschaften in der Forschungsstelle für Zeitgeschichte

Als im Sommer 1942 die Einnahme Kairos durch Rommels Afrika-Korps greifbar und der Weg nach Palästina offen zu stehen schien, lag in Athen abmarschbereit ein Einsatzkommando der Sicherheitspolizei und des SD, das nach dem Vorbild der Kommandos der Einsatzgruppen im europäischen Osten gebildet war. Mit dieser Kerntruppe und moslemischen Freiwilligen sollte der Mord an den Juden in Palästina und darüber hinaus begonnen werden.
In ihrem Buch untersuchen Klaus-Michael Mallmann und Martin Cüppers die arabisch-islamische Kooperation – vor allem der palästinensischen Nationalbewegung – mit dem Nationalsozialismus. Mallmann und Cüppers zeigen, dass für diese Verbrechen ausreichend arabische Freiwillige bereit gestanden hätten und stützen sich dabei ohne die üblicherweise dominierende Verharmlosung und Abwehr sowohl auf bekannte als auch bisher unbeachtete Quellen.

Martin Cüppers, Jg. 1966, studierte Geschichte und spanische Philologie in Trier und an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2004 promovierte er an der Universität Stuttgart mit seiner Arbeit über die „Wegbereiter der Shoah. Die Waffen- SS, der Kommandostab Reichsführer-SS und die Judenvernichtung 1939-1945“. Seit April 2005 ist Martin Cüppers als Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle Ludwigsburg tätig.
Klaus-Michael Mallmann/Martin Cüppers: Halbmond und Hakenkreuz. Das „Dritte Reich”, die Araber und Palästina. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt 2006. 287 Seiten, 49,90 EUR

Verschleierter Kulturalismus
Vortrag und Diskussion mit Fathiyeh Naghibzadeh und Andreas Benl
Donnerstag 7. Juni 2007, 18.00
Uni Hamburg, Phil-Turm (Von-Melle-Park 8), Hörsaal E
Eine Veranstaltung der HSB in Zusammenarbeit mit der Antifaschistischen Hochschulgruppe

Dass der Islam ein Lieblingskind der deutschen Kulturwissenschaft ist, mag diesem akademischen Genre und seiner ideologischen Geschichte eingeschrieben sein. Schwieriger zu verstehen ist jedoch, warum die Gender Studies, die sich hauptberuflich mit der Dekonstruktion von Geschlechteridentitäten beschäftigen, sich dem anschließen. Unter vermeintlich antirassistischen Vorzeichen bringen sie ähnlich viel Verständnis für religiös fundierte heterosexistische Gemeinschaftsideologien auf, wenn diese nur keine westlichen sind. Diese paradoxe Faszination der Akademie für 'den Anderen' entspringt jedoch als allerletztes der Sorge um das Schicksal von Einwanderern in Deutschland und Europa. Wenn diese sich religiösen Zuschreibungen entziehen und für Schleier und Scharia kein Verständnis zeigen, kann der akademische Paternalismus nämlich durchaus aggressiv gegenüber dem unwissenschaftlichen Treiben 'verwestlichter' Migranten werden.
„Das Kopftuch erscheint heute als der einzige 'leere Signifikant', der sich mit dem Geld messen kann“, schreiben Christina von Braun und Bettina Mathes in ihrem Buch „Verschleierte Wirklichkeit. Die Frau, der Islam und der Westen“, welches die zur Zeit ausführlichste 'geschlechtergerechte' Formulierung des Ressentiments gegen Aufklärung und Emanzipation darstellt. Dem Islam wird eine feministische Mission zugeschrieben. In immer neuen Varianten kehrt dasselbe Muster wieder: Der Westen steht für die Entschleierung und Entblößung und damit für die Pornographisierung des weiblichen Körpers. Das Kopftuch dagegen symbolisiert den Schutz vor männlichem Voyeurismus und männlicher Gewalt – so als hätte es nie eine feministische Kritik an der gesellschaftlichen Suggestion gegeben, nonkonform gekleidete Frauen trügen bei sexuellen Übergriffen eine Mitschuld, da sie es versäumt hätten, sich durch 'anständige' Kleidung zu schützen.
Trotz aller Rede über die vermeintliche Vielfalt der Bedeutung des Kopftuchs kommen letztendlich alle Islamismus-Apologien an der Islamischen Republik Iran als Modell eines Gottesstaates nicht vorbei, der bereits Foucault faszinierte und den Braun und Mathes als alternativen Weg in die Moderne gegen die „pauschale Beschuldigung des Islam“ in Schutz nehmen. Das iranische Regime ist schließlich nicht nur Finanzier und Stichwortgeber des globalen antisemitischen Terrors, sondern auch der Modellstaat, an dem das Frauen zugedachte Schicksal im islamistischen System von Geschlechtersegregation und Zwangsheterosexualität studiert werden kann.

Menge, Zahl, Unendlichkeit und Schluss
Mathematik und Philosophie: eine Einführung für Nicht-MathematikerInnen
Tagesseminar der Hamburger Studienbibliothek
Referent: Adrian Pigors
(Institut für Algebra, Zahlentheorie und Diskrete Mathematik der Leibniz Universität Hannover)
Sonnabend, 27. Januar 2007, 12 bis 18 Uhr
FB Wirtschaftswissenschaften (»WiWi-Bunker«) der Uni Hamburg, Von-Melle-Park 5, Raum 2052

Mathematik gehört nicht gerade zu den Themen, mit denen man sich, als Kritikerin oder als Schöngeist, in aller Regel theoretisch intensiv auseinandersetzt. Nach Abschluss der Schulzeit begegnet sie einem üblicherweise nur noch in ihrer depraviertesten Form: als Mittel geisttötender Kalkulationen und Statistiken; als Disziplin, bei der Positivisten leuchtende Augen bekommen. Dabei gehörte es einmal zu den Selbstverständlichkeiten, dass das mathematische Denken und seine Gegenstände von erstrangiger philosophischer Bedeutung sind - philosophisch nicht allein im universitär-arbeitsteiligen, sondern im emphatischen Sinne: dem der Selbstreflexion menschlichen Wissens.

Auf unserem Tagesseminar wollen wir einen Einblick in diese philosophischen Aspekte der Mathematik geben. Es sollen dazu die mathematische Behandlung der Begriffe Menge, Zahl, Unendlichkeit und logisches Schließen erläutert sowie philosophisch interessante Definitionen, Sätze und Beweismethoden vorgestellt werden (die nebenbei einen Einblick in die Mathematik als Wissenschaft erlauben). Der Schwerpunkt wird dabei jeweils auf Grundlagenproblemen der Mathematik und Grenzen der formalen Methode liegen.
Das Seminar steht allen Interessierten offen, Studierenden wie Nichtstudierenden, und unabhängig von der letzten Mathe-Note im Zeugnis. Spezielle Vorkenntnisse sind nicht vonnöten.
Der Weltmeister der Herzen und sein lockerer Nationalismus, Beginn erst um 20.00!!
Vortrag und Diskussion mit Lars Quadfasel
Donnerstag, 03. August 2006, 20.00 Uhr
Karo-Ecke, Marktstraße 92

Ankündigungstext (HTML)

„Das Leben lebt nicht“
Postmoderne Subjektivität und der Drang zur Biopolitik
Vortrag und Diskussion mit AutorInnen des gleichnamigen Buches
Freitag, 17. März 2006, 20.00 Uhr
Linda, Hein-Hoyer-Str. 13
Anschließend Party

Biopolitik als mindestens seit der Antike existente Ordnung der Dinge zu beschreiben (Agamben), als neutrales Politikfeld oder als Voraussetzung für den Kommunismus (Negri/Hardt), auf diese Idee wäre vor wenigen Jahren wohl niemand gekommen. Bei Foucault war der Begriff an ein spezifisches Verfahren der Kritik gebunden und in diesem Sinne wurde er auch rezipiert. Vor allem seit der breiten Rezeption des Bestsellers „Empire“ von Toni Negri und Michael Hardt kommt diese Verwendung ziemlich aus der Mode. Unter den Tisch fällt damit nicht zuletzt, dass der Begriff „Biopolitik“ einer Analyse der Rassenbiologie geschuldet ist und dass die Disziplin des autoritären Charakters, deren Mystifikation die rassenbiologischen Begriffe besorgten, zurecht keinen Anknüpfungspunkt linker Gesellschaftskritik darstellten.
Ebenfalls unter den Tisch fällt damit ihr antisemitischer, rassistischer und patriarchaler Charakter. Unmittelbar politisch scheint die Positivierung der Biopolitik konform zu gehen mit einer Parteinahme für eine antiamerikanisch ausgerichtete Weltmachtrolle der EU.
Die Gruppe die röteln wird auf dieser Veranstaltung ihren Sammelband »Das Leben lebt nicht. Postmoderne Subjektivität und der Drang zur Biopolitik. « (erschienen im Verbrecher Verlag, Berlin) vorstellen. Er versammelt Texte, denen nicht zuletzt gemeinsam ist, dass in ihnen die poststrukturalistische Theoriebildung, die als Ausgangspunkt der analysierten Tendenz Gegenstand der Kritik ist, nicht a priori verworfen wird. Statt dessen wird versucht, immanent die Grenzen und Unzulänglichkeiten des Emanzipationsversprechens aufzuzeigen, die diese Form der Gesellschaftstheorie bietet.

La critique est le crime qui contient tous les crimes
Zur Aktualität der Situationistischen Revolutionstheorie
Diskussionsveranstaltung und Party der Hamburger Studienbibliothek mit dem Autorenkollektiv Biene Baumeister Zwi Negator
Freitag, 10. März, 20.00 Uhr
"Kulturforum Altona", Jessenstr. 10, hinter der Großen Bergstraße.

Der Hype um die Situationistische Internationale ist glücklicherweise am Abflauen. Wer sich in den frühen 1990er Jahren zu den ProtagonistInnen »der Situs« zählte, ist schon lange in den (Kunst-)Akademien, Werbeagenturen oder auch schon wieder auf ebenjener Straße gelandet, die ein Jahrzehnt später Antiglobalisierer_innen reclaimen wollten und hierfür den »Situationismus« als Stichwortgeber ihres »kreativen, bunten Widerstands« in Beschlag nahmen. Zeit also für eine Überprüfung der situationistischen Kritik und ihrer aktuellen Brauchbarkeit für die modernen Feinde der warenproduzierenden Gesellschaft. Vorschläge hierzu haben Biene Baumeister Zwi Negator mit ihren letztes und vorletztes Jahr erschienenen Bänden "Situationistische Revolutionstheorie. Eine Aneignung" Vol.I&II (www.theorie.org) gemacht. Sie werden ihr Projekt vorstellen und die Hamburger Studienbibliothek will darüber diskutieren, welcher Nutzen daraus gezogen werden kann. Es wird somit nicht nur um die Präsentation der mittlerweile seit über einem (halben) Jahr zugänglichen Bücher gehen, sondern vor allem um die Debatte, was zumindest eine minimale Zurkenntnisnahme der vertretenen Inhalte sinnvoll macht. Wer bisher noch keine Zeit oder Lust gehabt hat die »Situationistische Revolutionstheorie« zu lesen, kann sich auch mit einigen kürzeren Texten behelfen, die in der HSB (Hospitalstraße 85, Souterrain) ausliegen und hier zu finden sind.
Anschließend Party. Motto: »Das Unglück muss überall zurückgeschlagen werden.« Aufgelegt wird u. a. von den Flaschenpost Allstars, dem Sandwich'n'Surf DJ Team, Bul N. Larsheim und dem Proseccosozialistischen Plattenlegerkollektiv.

»Antizionismus in Großbritannien«
Vortrag und Diskussion mit David Hirsh (ENGAGE, London)
Dienstag, 07.02.2006, 18.00 Uhr
Uni Hamburg, Phil-Turm (Von-Melle-Park 8), Hörsaal E

Die Organisation »Engage« (http://www.engageonline.org.uk/home/) gründete sich als Reaktion auf die Bestrebungen, in Großbritannien einen akademischen Boykott verschiedener israelischer Universitäten durchzusetzen. Diese Kampagne ist Ausdruck eines bestimmten Klimas, wie es sich etwa auch in der öffentlichen Debatte, den Holocaust-Gedenktag aus Rücksicht auf muslimische EinwohnerInnen abzusagen, oder auch in den Ausfällen des Londoner Bürgermeisters gegen einen jüdischen Journalisten manifestiert. David Hirsh, einer der Mitbegründer von »Engage«, wird über den aktuellen Stand des englischen Antizionismus berichten und über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Situation hierzulande diskutieren.

»Wallstreet, Westbank, Weltverschwörung.
Über den Zusammenhang von Antisemitismus und Antiamerikanismus«
Veranstaltung mit Frank Oliver Sobich (Bremen)
Dienstag, 24.01.2006, 18.00 Uhr
ACHTUNG RAUMÄNDERUNG!
Uni Hamburg, T-Stube im »Pferdestall«, Allendeplatz 1, 1. OG

Antiamerikanismus und Antisemitismus richten sich, als konformistische Rebellion, im Namen ›ethischer Werte‹ und ›authentischer Kultur‹ gegen ›seelenlosen Materialismus‹: ›amerikanische Unkultur‹ und ›jüdisches Schachern‹. Beide Ressentiments verknüpfen sich in der deutsch-europäischen Nahostpolitik, die Israel als ultimatives Hindernis für den Frieden in der Region ausmacht. Die regierungsamtlichen Moralkampagnen gegen den Irak-Krieg warben zugleich bei den Verliererstaaten der Weltordnung um ein Bündnis gegen die USA. Wie es um dieses Bündnisangebot und dessen ideologische Unterfütterung heute, nach der Wahl der als „amerikahörig“ beargwöhnten Angela Merkel, steht, soll abschließend diskutiert werden.

»Fayngolds ›Opfervergleich‹.
Über den lüstern erzählten Antisemitismus des Günther Grass«
Veranstaltung mit Klaus Briegleb (Berlin)
Donnerstag, 12.01.2006, 18.00 Uhr
Uni Hamburg, Philturm (Von-Melle-Park 6), Hörsaal C

Auch die Schriftsteller der »Gruppe 47« beteiligten sich an der allgemeinen deutschen »Nachverfolgung«: durch Ignoranz und Aggression gegenüber jüdischen Stimmen, die ein anderes Eingedenken ins Werk setzten. An Günther Grass’ Roman »Blechtrommel« lässt sich exemplarisch die Verschränkung von Opferdarstellung und Obszönität zeigen. Die ›engführende Lektüre‹ einzelner Textpassagen entwirft ein kritisches Modell, wie Antisemitismus sich unbewusst-bewusst fortschreibt – auch und gerade in dem Werk eines linksliberalen Aushängeschildes wie Günther Grass.

"... eine köstliche Idee, die in dem Polen steckt"
Heine, Hegel und der "Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden"
Veranstaltung/Workshop mit Jutta Nickel
Donnerstag, 15.12.2005, 18.00 Uhr
Raum 109 im Pferdestall, Uni Hamburg, Allendeplatz 1
mit Workshop
Samstag, 17.12.2005, ab 11.00 Uhr in der HSB

In der politischen Restauration nach dem Wiener Kongress 1815 stellt sich die ehemals befreiungskriegerische liberale Opposition zu Beginn der 1820er-Jahre ganz auf die Seite der polnischen Freiheitsbewegung, deren Souveränitäts- und Freiheitsforderungen unter dem Druck der russisch-preußisch-österreichischen Allianz ebenfalls nicht durchgesetzt werden konnten. Das führt zu einer erheblichen Migration polnischer Studenten nach Berlin, die sich, wie Heinrich Heine im Sommersemester 1822, in Hegels Hörsaal einfinden und dort in die Elementarbegriffe der Wissenschaft der Freiheit einarbeiten. - Auf Einladung seines Freundes Eugeniusz von Breza reist Heine im Herbst 1822 nach Polen. Er verarbeitet die Reiseeindrücke in dem kleinen Memoire "Ueber Polen", das gegen den zeitgenössischen publizistischen Trend ein raffiniertes, weil mit Hegels Begriff des Selbstbewusstseins und gleichzeitig jüdisch gelesenes Lob der Knechtschaft enthält, das im Vortrag erörtert werden soll.
Der Vortrag am 15. Dezember gibt außerdem einen Überblick über die frühen literarischen Versuche Heines ("Ueber Polen"; "Briefe aus Berlin") mit Blick auf dessen Arbeit an Hegel und im "Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden" in Berlin. Beim Treffen am Samstag, 17. Dezember, in der Hamburger Studienbibliothek (HSB) können einzelne Aspekte dieser frühen und anderer Texte Heines in einer Lektüre vertieft werden.

»Islamismus, Antisemitismus und Nationalsozialismus«
Veranstaltung mit Matthias Küntzel
Donnerstag, 8. Dezember 2005, 18.00
Uni Hamburg, Philturm (Von-Melle-Park 6), Hörsaal C

Der Antisemitismus, wie er in fast allen arabischen Ländern propagiert wird, ist keine bloße, gar nachvollziehbare Reaktion auf den Nahostkonflikt. Er steht vielmehr im Zentrum islamistischer Ideologie und Praxis, die sich bis zur 1928 in Ägypten gegründeten Muslimbrüderschaft zurückverfolgen lassen. Die Idee des ›Heiligen Krieges‹ und die Märtyrersehnsucht generieren einen antijüdischen Wahn, in welchem nicht nur alles Jüdische als böse, sondern auch alles Böse als jüdisch halluziniert wird, mit Israel als Zentrum einer ›materialistisch-egoistischen Weltverschwörung‹. Kein Zufall daher, dass dieser Wahn vom nationalsozialistischen Deutschland ideologisch und materiell versorgt wurde - ein deutsch-europäischer Antisemitismusexport, der unter veränderten Vorzeichen bis heute andauert.

Das bürgerliche Subjekt und seine Feinde
Antisemitismus und Antifeminismus am Beispiel Otto Weininger
Veranstaltung mit Christine Achinger
Mittwoch, 9.11.2005, 18 Uhr
Raum 104 im Pferdestall, Uni Hamburg, Allendeplatz 1

Auch gut 100 Jahre nach der Veröffentlichung von "Geschlecht und Charakter", einem der einflussreichsten Bestseller der vorletzten Jahrhundertwende, bleibt Otto Weininger ein "schwieriger Fall". Ein fanatischer Individualist, der gleichzeitig den Boden völkischen Denkens bereiten half, ein Denker, der irrationalen Frauenhass und Antisemitismus aus einer tiefen Furcht vor dem Irrationalen propagierte, ein Modernist und moderner Kritiker der Moderne.

In dem Vortrag soll Weiningers Werk als historischer Ausdruck der schizophrenen Konstitution des bürgerlichen Subjekts analysiert und die Verbindungslinien zwischen Denkformen gezogen werden, die normalerweise als fein säuberlich getrennte erscheinen.

Lektürekurs »Theorien des Antisemitismus«
Zeit: mittwochs, 18:00-20:00 (ab 26.10.05)
Ort: Allendeplatz 1 ("Pferdestall") der Universität Hamburg, R 104
Während im Nahen Osten die ältesten antisemitischen Legenden taufrisch unters Volk gebracht und die schon hundertmal als Fälschung entlarvten »Protokolle der Weisen von Zion« unbeirrt vom Staatsfernsehen ausgestrahlt werden; während Berlin und Brüssel ihre dortigen Verbündeten pflegen, die antisemitischen Schulbücher der palästinensischen Autonomiebehörde finanzieren und unter der Hand auch den Sprengstoff der Selbstmordattentäter; während globalisierungskritische AktivistInnen und christdemokratische Politiker gemeinsam einen israelischen »Vernichtungskrieg« brandmarken, deutsche Sozialdemokraten den Dialog mit islamistischen Judenmördern suchen, italienische Linke antiisraelische Fackelmärsche durchs römische Ghetto veranstalten und britische Wissenschaftler – Forscht nicht beim Juden! – den akademischen Boykott betreiben; während philosophische Rechtfertigungen des Selbstmordattentats, Verschwörungstheorien über die Beteiligung des Mossads am Anschlag auf die ‘Twin Towers’, Phantasien über die Ermordung eines jüdischen Kritikers sich prächtig auf dem deutschen Büchermarkt verkaufen und laut Meinungsumfragen die Mehrheit der Bevölkerung Israel für die größte Gefahr für den Weltfrieden hält – währenddessen also rätselt ein Hamburger Politologe in seiner Vorlesung, warum bloß diese »hektische Anti-Antisemitismusdebatte entfacht« werde, wo es doch »keinen relevanten Antisemitismus mehr« gäbe, und fragt sich und seine Zuhörer, ob nicht vielmehr »die Juden selbst Schuld« am Antisemitismus seien.
Weil wir die Debatte über das neuerliche Aufflammen des beharrlich sich erhaltenden antisemitischen Ressentiments anders als durch Verleugnung, Verdächtigung und Schuldverschiebung führen wollen, möchten wir mit Interessierten gemeinsam Texte lesen und diskutieren, die versprechen, das Phänomen kritisch zu durchdringen. Wir wollen dabei uns sowohl den gegenwärtigen Erscheinungsformen als auch dessen gesellschaftlichen Ursachen widmen – und nicht zuletzt der Frage nachgehen, warum Antisemitismus, das »Gerücht über die Juden« (Adorno), auch nach Auschwitz nicht zum Schweigen zu bringen gewesen ist. Beginnen wollen wir mit den Theorien zum Vernichtungsantisemitismus von Adorno / Horkheimer und Moishe Postone, um daran anschließend den Begriff des »sekundären Antisemitismus« – eines Antisemitismus nicht trotz, sondern wegen Auschwitz – zu klären. Über die Auseinandersetzung mit dem linken Beitrag zur Modernisierung des Ressentiments, dem »Antizionismus«, wollen wir schließlich zur Analyse des gegenwärtig zu beobachtenden »neuen« oder »globalen Antisemitismus« gelangen, in dessen Mittelpunkt nunmehr Israel als »Jude unter den Staaten« steht; der statt im Zeichen des ‘Herrenvolks’ im Namen der ‘Völkerrechte’ agiert und dem Juden nicht als ‘rassisch minderwertig’, sondern als ‘politisch verdächtig’ gelten: denn sie könnten ja Zionisten sein.
Das erste Treffen des Lektürekurses findet am 26. Oktober, 18 Uhr statt. Nach der 2. Sitzung am 2. 11. soll es dann im zweiwöchigen Rhythmus weitergehen, jeweils (sofern sich gegen den Termin kein massenhafter Protest erhebt) Mittwochs von 18 bis ca. 21 Uhr.
Es wird einen umfassenden Reader (mit Aufsätzen von Jean Améry, Eike Geisel, Alain Finkielkraut, …) geben, der sowohl Vorschläge für die gemeinsame Lektüre enthält als auch Texte zum individuellen Weiterlesen. Textgrundlage der ersten drei Treffen wird sein:
Horkheimer, Max und Theodor W. Adorno, “Elemente des Antisemitismus”, in: dies., “Dialektik der Aufklärung” (Frankfurt: Fischer Tb., S. 177-217; auch in: Th. W. Adorno, Ges. Schriften Bd. 3, oder Max Horkheimer, Ges. Schriften Bd. 5)
Postone, Moishe: “Nationalsozialismus und Antisemitismus”, neu edierte Fassung in: ders., “Deutschland, die Linke und der Holocaust” oder unter: http://www.ca-ira.net/Leseproben/postone-deutschland_lp.pdf
Es wäre schön, wenn Ihr zur ersten Sitzung die ersten beiden Thesen der “Elemente” von Horkheimer / Adorno gelesen hättet (insgesamt fünf Seiten), damit wir nach den einführenden Worten gleich loslegen können. Für die weiteren Sitzungen hoffen wir natürlich, die TeilnehmerInnen in die Vorbereitung miteinbeziehen zu können & freuen uns schon auf anregende Diskussionen. Begleitend zum Lektürekurs wird es aller Voraussicht nach auch einige Veranstaltungen zum Thema geben. Nähere Informationen werden, sobald das Programm feststeht, unter http://www.freie-hh.de oder http://studienbibliothek.org zu finden sein. Dort wird auch stehen, ab wann der Reader zur Verfügung steht. Nachfragen und Kontakt:
Adorno & Améry: Die Tortur und die Dialektik
Veranstaltung mit Gerhard Scheit
Do., 20.10.05 - 19:30 Uhr
Verikom, Hospitalstr. 109 (im Haus 3, Eingang »Internationales Zentrum«)
Der Vorbehalt, den Jean Améry der Kritischen Theorie gegenüber formuliert hat, ruft in Erinnerung, was die Minima Moralia schon wussten: dass es eine „Nötigung“ gibt, „dialektisch zugleich und undialektisch zu denken“. Inbegriff dieses notwendig Undialektischen: das Beharren auf unzweideutiger Trennung von Opfern und Tätern, das Amérys Werk auszeichnet. „Den dialektischen Denkern sitzt allerwegen die Furcht vor der Banalität im Nacken – etwa der Banalität, Opfer Opfer und Quäler Quäler sein zu lassen, wie sie es beide waren, als geschlachtet wurde.“ Da Adorno aber jene Nötigung bewusst war, konnte er die Furcht vor solcher „Banalität“ im Land der Täter durchaus bezwingen und gab in der Heidegger-Kritik an wichtiger Stelle sogar Améry das Wort: er konfrontiert die deutsche Todesontologie mit dessen Darstellung der Tortur. Wer den Widerspruch nur noch als Phrase gebraucht, um damit ein abwechslungsreiches Privatleben zu kennzeichnen – wie in der derzeitigen Rezeption von Adorno und Améry üblich –, wird jeden Zusammenhang, der zwischen beiden hergestellt wird, als Versuch einer posthumen Versöhnung beargwöhnen. Es geht weder um eine solche Versöhnung, noch darum herauszufinden, wer von beiden irgendwie ‚der Bessere‘ wäre – der bessere Denker, der Kritiker, der Antideutsche. In Wahrheit soll in ihrer Konfrontation nur eins geklärt werden: was das heute heißen kann, „dialektisch zugleich und undialektisch zu denken“. Gerhard Scheit ist Herausgeber der Bände »Jenseits von Schuld und Sühne / Unmeisterliche Wanderjahre / Örtlichkeiten « (2002) und »Aufsätze zur Philosophie« (2004) der neuen Jean Améry-Werkausgabe von Klett-Cotta. Sein letztes Buch »Suicide Attack: Zur Kritik der politischen Gewalt« ist 2004 bei ça ira erschienen.
- Dieses Projekt wird aus Mitteln der Sicherheitskonferenz des Bezirks Altona gefördert. -
[Veranstaltungsplakat (PDF)]
Heinrich Heine und die Restauration
Vortrag und Workshop mit Jutta Nickel
Vortrag: Do, 26.05.05 - 19.00 Uhr, Uni Hamburg, Allendeplatz 1, Pferdestall, 1. Stock, Raum 107
Workshop: Sa, 28.05.05 - ab 11.00 Uhr, HSB, Hospitalstrasse 85, 22767 Hamburg
Der Vortrag am 26. Mai skizziert Heines Position im literarischen Feld um 1835, während das Treffen am Samstag, 28. Mai, literaturwissenschaftlich interessiertem Publikum die Möglichkeit bietet, dem Restaurationsgedanken in Heines Literatur bei Textarbeit auf die Spur zu kommen. (Eine Kopiervorlage mit Texten der Referentin liegt in der HSB aus.)
In Kooperation mit der MASCH Hamburg.
Es gibt keine Judenfrage, aber ein Antisemitenproblem!
Gegen die antisemitischen Lehrveranstaltungen am Institut für Politische Wissenschaften der Universität Hamburg
Vertreterinnen des Bündnisses gegen antisemitische Lehrveranstaltungen und der HSB
Mi, 11.05.2005 - 18.30
Phil-Turm (Campus der Uni Hamburg, Von-Melle-Park) 2. OG, Raum 271
BGAL und HSB werden über den Stand der Dinge betreffs Vorlesung und Seminar von Rolf Hanisch berichten und einige Aspekte dieses universitären Spektakels analysieren.
[Ankündigungsflyer]
Vom "Judenkapital" zum "jüdischen Faschismus"
Zur Entwicklung des Antizionismus in der KPD 1925-1933
Vortrag mit Olaf Kistenmacher
Di, 01.03.2005 - 19.30 Uhr
Café Libresso, Uni (Flügel West), Edmund-Siemers-Allee 1
Antizionismus - das scheint ein Phänomen von heute zu sein. Wenn Israel mit Nazideutschland gleichgesetzt wird, wenn vom "israelischen Faschismus" die Rede ist oder Israel zur Inkarnation des Imperialismus erklärt wird, dann wird das zumeist mit der aktuellen Politik der Likud- Partei "begründet", bestenfalls noch mit den Ergebnissen des Sechstagekriegs von 1967.
Ein Blick zurück in die 1920er Jahre zeigt jedoch, dass bereits zwanzig Jahre vor der Staatsgründung Israels in der "Roten Fahne", der Tageszeitung der KPD, anti-zionistische ebenso wie anti-jüdische Bilder geprägt wurden: "Juden" galten stets als Kapitalisten, als mächtig und habgierig. Folglich galt der Zionismus als Vorstoß des Kapitalismus und Imperialismus. Die Siedler und die alten jüdischen Gemeinden im britischen Mandatsgebiet Palästina wurden als Feinde der werktätigen arabischen Völker dargestellt, "jüdische Faschisten" wurden mit den Nationalsozialisten gleichgesetzt, die am Ende der Weimarer Republik Kommunisten auf der Straße ermordeten.
Der Blick zurück zeigt, dass das Urteil über Israel in der KPD bereits gefällt war, bevor es den Staat Israel gab.
Suicide Attack - Zur Kritik der politischen Gewalt
Buchpräsentation & Diskussion
Gerhard Scheit
Do, 03.02.2005 - 19.30 Uhr
Kölibri, Hein-Köllisch-Platz 12
Der Einzelne, der sich im Selbstmordattentat opfert, um möglichst viele Menschen zu töten, verwirklicht die zeitgemäße Form von Gemeinschaft . Er opfert sich für einen realen oder imaginären Staat, vollführt in privatisierter Form, was nun einmal Sache der Volksgemeinschaft ist: Vernichtung um ihrer selbst willen. Nicht dieses Unbegreifliche ist zu begreifen, aber dessen Unbegreiflichkeit.
Gerhard Scheit ist Mitherausgeber der zur Zeit erscheinenden Jean Améry-Werkausgabe. Zuletzt sind von Gerhard Scheit die Bücher »Verborgener Staat, lebendiges Geld. Zur Dramaturgie des Antisemitismus« und »Die Meister der Krise. Über den Zusammenhang von Vernichtung und Volkswohlstand« im Freiburger ça ira-Verlag (www.isf-freiburg.org) erschienen.

Letztes Update: 10/22/10