Hamburger Studienbibliothek
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Nachtrag zu den Vorfällen auf der Kundgebung „Für die Revolution,
zerschlagt die Islamische Republik!“ am 20. Juni 2009 in Hamburg
Für den 20. Juni rief Peyvand, das Solidaritätskomitee für die
Befreiungsbewegungen im Iran, zu einer Kundgebung gegen das iranische Regime in
Hamburg auf
(http://cosmoproletarian-solidarity.blogspot.com/2009/06/aufruf-fur-den-20-juli-in-hamburg-fur.html).
Dieser Aufruf wurde auch von der Hamburger Studienbibliothek unterstützt,
da uns die Parole "Für die Revolution, zerschlagt die Islamische Republik!"
wesentlich sympathischer erschien, als Stellungnahmen, die lediglich den Wahlbetrug
unter Regimekandidaten kritisierten.
Leider hatten wir die Rechnung ohne die linke Familie gemacht. Während der
Kundgebung kam es zu antisemitischen Ausfällen durch Vertreter der Sozialistischen
Partei des Iran (SPI) sowie Angriffen von Antiimperialisten der Gruppen B5 und
SOL, auf von ihnen als israelsolidarische Antideutsche Identifizierte. Die Angreifer
wurden anschließend von den Veranstaltern aus der Kundgebung ausgeschlossen.
Die Gruppe emancipate kritisierte kurz darauf in einer Erklärung, die auch
eine detaillierte Darstellung des Ablaufs der Ereignisse liefert, die gewalttätigen
Aktionen von B5 und Konsorten und begrüßte deren Ausschluß (http://emancipate.blogsport.de/2009/06/20/nachtrag-zur-kundgebung-am-20-juni-09/).
Dennoch stehen Linke bzw. diejenigen, die sich dafür halten, solidarisch
zueinander. Solidarische Kritik selbstverständlich eingeschlossen. Und
so kommt's, daß emancipate zwar die gewaltsamen Übergriffe antiimperialistischer
Halbstarker auf ihnen unliebsame Kundgebungsteilnehmer ausdrücklich unerfreulich
findet, aber ansonsten der Meinung ist - Israel hin, Israel her – man,
also die Linke, also wir oder so müsse zusammenhalten. Und so ist man froh,
wenn die *prügelnden* Antizionisten, wie zum Beispiel die B5-Hilfsbasiji,
von den anderen geschieden werden und man weiterhin dabei sein darf.
Die HSB muß dagegen selbstkritisch eingestehen, dass angesichts des Verlaufs
dieser Kundgebung keineswegs "die Solidarität mit den Protestierenden
im Iran auf die Straße getragen" oder "auf sichtbare Weise gezeigt
wurde, daß sich ein Teil der Protestbewegung nicht nur die Annullierung
der gefälschten Wahl, sondern die Zerschlagung der islamischen Republik als
ganze zum Ziel gesetzt hat", wie emancipate behauptet.
Und der groteske Auftritt iranischer und deutscher antiimperialistischer Hilfs-Basiji
auf der Kundgebung hat nur noch einmal deutlich gemacht, dass das, was emancipate
"Nahost-Konflikt" nennt, hier zwangsläufig "Thema"
war. Nicht zuletzt deswegen, weil doch genau Mitglieder der antiimperialistischen
Bündnispartner Hamas und Hisbollah gerade gegen iranische Demonstranten
eingesetzt werden, um das iranische Regime zu verteidigen. Es ist schier unmöglich,
mit Gruppierungen, die zum Beispiel im Januar übelste antisemitische Kundgebungen
zum Krieg im Gaza-Streifen organisiert haben, wie es von der SPI bekannt gewesen
ist, gemeinsam gegen das Mullah-Regime zu demonstrieren: Sie sind allenfalls
das Objekt einer Kritik, in der man ihr offensichtlich stalinistisches, reaktionäres,
konterrevolutionäres Wesen offenzulegen hat.
Zeitgleich mit der Kundgebung fand eine Demonstration von zahlreichen Gegnern
des iranischen Präsidenten und/oder des iranischen Regimes statt. Was immer
man von dieser sicher heterogenen, womöglich disparaten Veranstaltung halten
will, immerhin wurde dort ein Flugblatt mit folgendem Wortlaut verteilt: “Mit
dieser Stimme ist die Hoffnung verbunden, dass eine Welt ohne Ahmadinejad langfristig
eine Welt ohne Hass, ohne Leugnung des Holocausts, ohne Atombomben und ohne Unterstützung
für Terroristen sein würde.“ Themen, um die sich die Menschen
unter ihren roten Bannern und Che-Konterfeis gar nicht erst scherten. Keineswegs
soll hier behauptet werden, jene Demonstration wäre in ihrer Gesamtheit aufklärerischen
Zielen verpflichtet gewesen, aber eines kann mit Sicherheit gesagt werden: eine
Kundgebung, auf der sich linke Antisemiten wohl fühlen, ist dies erst recht
nicht.
Hamburger Studienbibliothek, 5.7.2009